Es sieht fast so aus, als wären die Sorgen, nach zwei schlechten Büchern einen weiteren Flop erleben zu müssen, unbegründet gewesen. Vielleicht muss man mit den Frühwerken Balzacs einfach mehr Nachsicht haben. Allerdings hat man es lieber, ihn im Strahlenkranz seiner Meisterschaft zu bewundern. Wie auch Freund Carsten einmal angesichts einer Clint Lukas – Lesung betonte: „Ich würde dich auch supporten, wenn deine Texte scheiße wären, weil du mein Freund bist. Aber viel schöner ist es, wenn ich wirklich stolz auf dich sein kann!“
Jedenfalls schickt der Meister diesem 500-Seiten-Buch (soviel zum geäußerten Eindruck, man hätte alle dicken Bücher bereits hinter sich) ein Vorwort voraus, das klar macht, wie viel Mühe er damit hatte. Mühe ist gut, zumindest für die Leserschaft, die in den Genuss des mühevoll Erarbeiteten kommt. „Wenn ich dieses Buch seit acht Jahren hundertmal beiseite gelegt und hundertmal wieder vorgenommen habe, das wichtigste Buch von allen, die ich zu schreiben beschlossen hatte, so geschah das, weil (…) der Mut Einem sinken konnte bei so vielen Schwierigkeiten, so vielen Nebendingen, die mit diesem zwiefach schrecklichen und so grausam blutbefleckten Drama verknüpft sind.“
BAND 66: Die Bauern, S. 1 – 46
Der Journalist und Tunichtgut Emile Blondet, den man bereits aus der Hedonisten-Clique aus Verlorene Illusionen kennt, schreibt einen Brief an seinen Kollegen Raoul Nathan. Er berichtet darin von seiner Ankunft in Les Aigues, dem burgundischen Landsitz des Generals von Moncornet und dessen Frau. Von Anfang an spürt man sehr glaubhaft den Kulturschock des Parisers, der sich auf dem Land wiederfindet. Wie die Berliner Protagonisten, die sich in Juli Zeh – Romanen nach Brandenburg begeben. Blondet sinniert darüber, was die zunehmende Demokratisierung der Gesellschaft für die Kunst, bzw. das Mäzenatentum bedeutet: „Was für Paläste, was für Königsschlösser, was für Wohnhäuser, was für Kunstwerke, was für goldgestickte Stoffe werden wir hinterlassen? Die Kleider unserer Großmütter werden heute hervorgesucht, um unsere Sessel damit zu beziehen. Nutznießer, Egoisten und Geizhälse, die wir sind, vernichten wir alles und pflanzen Kohl dort, wo sich Wunderwerke erhoben hatten.“
Der Gastgeber Montcornet, ein alter Kriegsheld, der unter der Fuchtel seiner zierlichen Frau steht, wird mit viel Humor beschrieben. Dann geht es wieder um die Langweile des Städters in der Provinz. Es ist praktisch unmöglich, sie zu bekämpfen, vor allem der Künstler erliegt ihr, „wenn er nicht irgendeine Arbeit mitgebracht hat, die er aber doch nicht ausführt und unberührt wieder mit nach Hause nimmt, nachdem er sich nur über ihre Schwierigkeiten klargeworden ist;“
Schließlich findet Blondet aber doch einen Zeitvertreib. Er geht spazieren und nimmt spontan an der Otterjagd eines alten Bauern names Vater Fourchon teil. Begeistert gibt er ihm ein saftiges Trinkgeld, nur um später zu erfahren, dass die Otterjagd eine wohlbekannte Masche des Alten ist, um versnobte Städter zu verarschen.
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