Ferragus – Das Haupt der Zerstörer, Teil I

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BAND 41: Ferragus – Das Haupt der Zerstörer, S. 1 – 50

Fetzigster Titel bisher. Zusammen mit zwei anderen Novellen bildet dieser Band die Geschichte der Dreizehn, der Balzac sogar ein eigenes Vorwort voranstellt. Es scheint sich bei bei den Dreizehn um einen mafiösen Geheimbund zu handeln, auch „Zerstörer“ genannt: „Dieses Leben von Räubern in Glacéhandschuhen, diese Religion höchster Selbstsucht fanatisierte dreizehn Männer, die solcherart die Gesellschaft Jesu, jedoch zugunsten des Teufels, wiedererrichten wollten. (…) Nichts war ihnen unmöglich. Sie verfügten über ein Vermögen, das nur dem Alten vom Berge vergleichbar ist. Sie hatten ihre Füße in jedem Salon, ihre Hände in jedem Kassenschrank, ihre Ellbogen in jeder Straße, ihre Köpfe auf jedem Kissen.“
Kurz gesagt: Keine Leute, mit denen man sich gerne anlegen möchte.

Die erste Erzählung handelt von August de Maulincour, einem Offizier der königlichen Garde, der sich wie viele Balzac-Figuren vor ihm hoffnungslos in die Frau eines anderen verliebt hat: „Sie war jener platonischen Liebe würdig, der man so selten begegnet wie Blumen auf den blutgetränkten Ruinen des Mittelalters – einer Liebe, so hoch und rein wie der blaue Himmel;“
Umso schockierender für ihn, als er sie zufällig beim Betreten eines Hauses beobachtet, das dem Darkroom des heutigen Berghain vergleichbar ist. Das passt natürlich nicht in das Bild von Werthers Lotte, das er sich von ihr gemacht hat. Er wird eklig und stellt die Ärmste auf einem Ball zur Rede. Clémence Jules Desmarets, so ihr Name, ist die Frau eines Bankiers und fühlt sich von den Vorwürfen beleidigt. Zumal sie nicht versteht, was der dumme August eigentlich von ihr will. Aber der scheint ohnehin nicht mehr alle Schalen an der Zwiebel zu haben: „Selbst wenn er ein Glas Champagner trank, war sein Blick umflort, wie der eines Menschen, den die Hohlheit des Daseins anwidert oder dessen Lunge angegriffen ist.“

Er macht sich jedenfalls fortan einen Spaß daraus, sie auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Durch Zufall kommt er in den Besitz eines Briefes, der an einen gewissen Henry Ferragus adressiert ist. Er sucht dessen Adresse im anfangs erwähnten Haus auf und trifft dort sowohl auf Clémence, als auch auf besagten Ferragus: „In seiner Leidenschaft merkte August de Maulincour gar nicht, daß er, während sein Blick neugierig umherschweifte, selbst den Gegenstand eingehender Prüfung bildete. Hätte er nur einen der Basiliskenblicke aufgefangen, mit denen ihn sein Gegenüber vernichten zu wollen schien, er wäre sicher seiner gefährlichen Lage bewußt geworden.“
Bereits der Titel der Erzählung lässt ahnen, dass der liebe August sich gerade ziemlich in die Nesseln gesetzt hat.

Beste Stelle:

In der Tat, obgleich die Frauen klagen, von den Männern nicht richtig geliebt zu werden, fühlen sie für jene, deren Seele der ihrigen ähnelt, recht wenig Neigung. Besteht doch ihre ganze Überlegenheit darin, im Manne den Glauben zu erwecken, daß er ihnen in der Liebe unterlegen sei!“

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2 Gedanken zu “Ferragus – Das Haupt der Zerstörer, Teil I

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