BAND 54: Komödianten, ohne es zu wissen, S. 1 – 45
Ein merkwürdiger Text, witzig, ziellos, eine Art Roadmovie durch Paris. Hauptfigur ist der Landschaftsmaler Leon de Lora, der Besuch von seinem Vetter Gazonal kriegt. Gazonal ist Fabrikant und ein Landei und hat Stress mit irgendeiner Behörde. Um ihm zu helfen, führen Leon und sein altbekannter Kumpel Bixiou ihn durch die Straßen und zeigen ihm, was für ulkige Typen Paris bietet.
Erstmal wird gefrühstückt, und man freut sich, dass Balzac endlich mal ein üppiges Frühstück schildert. Bisher war es nämlich immer dürftig, mit Wein, Früchten und Nierchen. Nicht so dieses Mal:
„Bei diesem Frühstück wurden, die Hors-d’oeuvre nicht gerechnet, sechs Dutzend Ostender Austern, sechs Koteletten à la Soubise, ein Huhn à la Marengo, eine Hummermayonnaise, junge Erbsen, geröstete Champignonschnitten gegessen, dazu drei Flaschen Bordeauxwein, drei Flaschen Champagner, mehrere Tassen Kaffee und Liköre getrunken.“
Also doch wieder was ganz leichtes, was man an einem Montagmorgen eben so zu sich nimmt.
Anschließend wird Gazonal herumgeführt und darf bewundern: Theaterleute, einen Geheimbullen, verschiedene Wucherer, einen Hutmacher, einen Friseur und einen Hausmeister. Von seinen Problemen wird dabei keines gelöst, aber man ist ja erst bei der Hälfte der Erzählung.
Beste Stelle:
Ein Statement, dass böse Zungen gut auf die heutige Grünen-Politik und ihr Problem mit der sozialen Frage übertragen könnten: „Es gibt moralische Schaumschläger, eitle Schwindler, moderne Pharisäer, geschwollene Moralpächter, Spürhunde mit der Nase für alles, was zieht, denen die Befreiung der Neger, die Nachsicht gegen die kleinen Diebe, die Fürsorge für entlaßne Zuchthäusler von den Lippen fließt, und die ihren Hausmeister in Löchern verkommen lassen, (…) und ihnen im Jahr weniger Geld zum Lebensunterhalt geben, als der Staat für einen Galeerensträfling aussetzt…“
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