BAND 43: Das Mädchen mit den Goldaugen, S. 1 – 46
Der letzte Teil der Geschichte der Dreizehn beginnt mit einem 22seitigen Rundumschlag gegen die Pariser Gesellschaft, der in seiner Bildgewalt an Hieronymus Bosch erinnert: „Diese hohlwangigen, grünen, gegerbten Menschen sind entsetzlich anzusehen. (…) Aus allen Poren dieser schiefen, verzerrten, verrenkten Gesichter dringt der Geist, dringen die Wünsche und Gifte, womit ihre Gehirne geschwängert sind.“
Nachdem Balzac kräftig gegen Arbeiter, Kleinbürger, Beamte, Künstler und Adlige ausgeteilt hat, die letztlich alle nur Gold und Vergnügen nachjagen, wendet er sich einer der wenigen Personen zu, die aus diesem Sumpf herausragen: Henri de Marsay, einer der Dandykönige, zynischer Freund Paul de Manervilles in Der Ehekontrakt und wie man seit dem letzten Band weiß, auch einer der Dreizehn.
Statt ihn jedoch als den Sympathen zu preisen, der er bei der bisherigen Lektüre zu sein schien, kreidet der Meister dessen Hedonismus an: „Sie alle sind durch und durch berechnend und verderbt, von einem rohe Trieb nach sichtbaren Erfolgen bis auf die Knochen angefressen. (…) Den Nöten und Plagen des Vaterlands stehen sie völlig gleichgültig gegenüber. Sie prassen und tanzen, sie putzen und belustigen sich am Tage einer Schlacht bei Waterloo, bei Ausbruch einer Cholera, im Sturm einer Revolution.“
Recht so, genauso macht man das ja auch. Wäre ja noch schöner, sich vom schnöden Tagesgeschäft ins Bockshorn jagen zu lassen.
Bei einem Treffen mit seinem Kumpel Paul de Manerville erzählt Henri von einem geheimnisvollen Mädchen mit Goldaugen, das er im Park gesehen hat. Nicht zum ersten Mal fällt einem als Leser ein gewisses Körperteil auf, das Balzac beim Besingen priorisiert. Womöglich liegt hier ein Fetisch vor: „Das Mädchen mit den Goldaugen besaß jenen winzigen, schlanken, gutgefesselten Fuß, der einem lüsternen Vorstellungsvermögen so unsagbaren Reiz bietet;“
Sie scheint auf Henri zu stehen, wird jedoch rund um die Uhr jedoch von einer spanischen Schreckschraube bewacht.
Beste Stelle:
Die Reaktion Lord Dudleys, der keinen Wert auf Kontakt zu seinen zahlreichen Kindern legt, auch nicht auf den zu Henri de Marsay: „Als der Lord eines Tages Henri auf einem Spaziergange begegnete und ihm auf die Frage, wer der hübsche junge Mann sei, dessen Name genannt wurde, rief er aus: ,Ah, das ist mein Sohn … welch ein Unglück!“
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