BAND 84: Massimilla Doni, S. 59 – 124
Emilio ist ernsthaft verzweifelt, weil er gern seiner idealisierten Liebe zu Massimilla treu bleiben würde, jedoch durch den Dämon der Lust zur Tinti hingezogen wird. Ein Konflikt, dem er eigentlich nur durch Selbstmord entrinnen kann, wie soll man ihn sonst lösen? Massimilla spürt seinen Kummer und wird davon angesteckt, am nächsten Abend in der Oper ist sie überzeugt, bald verlassen zu werden. Trotzdem erfüllt sie ihre Rolle als Gastgeberin und erklärt einem französischen Arzt jeden einzelnen Takt des Rossini-Stückes. Zu ihrer und der Verwunderung des gesamten Publikums singt der Star-Tenor Genovese an diesem Abend neben der Tinti wie ein Esel, scheint es selbst aber nicht zu merken. Von seinen Gönnern auf dem Markusplatz zur Rede gestellt, gibt er eine brillante, spontane Kostprobe seiner Stimme. Es muss also an der Gegenwart der heißblütigen Tinti liegen.
Um dieses Rätsel zu lösen, und auch um dem armen Emilio zu helfen, lädt der Herzog von Cataneo alle in seinen Palazzo ein. Ein neuerliches Duett der beiden Sänger ergibt: „Wie groß war die Überraschung aller, die vordem Genovese am Meeresufer gehört hatten, als sie ihn jetzt abermals wie einen Esel schreien hörten. (…) ,Per Dio Santo‘, schrie Capraja, ,kannst du mir erklären, welche Partitur du in diesem Augenblick liest, du Mörder Rossinis! Sag uns doch in Teufels Namen, was in dir vorgeht – was für einen Dämon quälst und zerrst du in deiner Kehle?“
Die Antwort ist ganz einfach: Genovese ist unsterblich in die Tinti verliebt. Man muss die beiden nur zusammen bringen, damit seine Karriere gerettet ist. Das trifft sich gut, denn Emilio soll ja von der Sängerin losgeeist und wieder in Massimillas Arme geführt werden. Der Arzt nimmt die Göttliche sich deshalb zur Brust und sagt ihr, die einzige Möglichkeit, Emilio vor dem Selbstmord zu retten, ist die, mit ihm endlich mal in die Kiste zu steigen. Dazu ist sie auch mehr als bereit, anscheinend war Emilio derjenige, der es nie dazu kommen ließ: „Ich werde die Tinti übertreffen, wenn es sein muß, um meinem Freunde das Leben zu retten!“
Am Ende kommen Genovese und die Tinti zusammen, Massimilla ist schwanger von Emilio, was nicht nur die beiden, sondern auch den impotenten Herzog freut. Denn auch mit einem Bastard ist so der Fortbestand seiner Linie gesichert. Was für ein frohes Ende. Happy new year.
Pingback: Massimilla Doni, Teil I | CLINT LUKAS
Pingback: Der Alchimist, Teil I | CLINT LUKAS