BAND 66: Die Bauern, S. 94 – 148
Um sich ihr tägliches Essen zusammen zu schnorren, besuchen der alte Fourchon und sein kleiner Gehilfe die Herrschaft im Schloss. Zu diesem Anlass kleiden sie sich in besonders ärmliche Lumpen, um einen entsprechend mitleiderregenden Eindruck zu machen. Der General, der Pfarrer und inzwischen auch Blondet durchschauen dieses Spiel jedoch und treiben ihren Spott mit den beiden. Beziehungsweise möchte Blondet (zurecht) wissen, warum die Bauern über ihre Armut jammern, wo sie doch seit der Revolution tun und lassen können, was sie wollen, also auch reich werden. Fourchon, ziemlich deutlich für einen jovialen Bettler: „Wir lassen euch in Ruh, laßt uns auch in Ruhe leben (…) Ihr wollt die Herren bleiben, und wir werden immer Feinde sein, heute wie vor dreißig Jahren. Ihr habt alles, wir haben nischt, da könnt ihr nich auch noch verlangen, daß wir eure Freunde sein sollen!“
Die einzige, die vor dieser Heuchelei einknickt, ist die Gräfin von Montcornet. Sie beschenkt die beiden Tagediebe, möchte sie aber schnell wieder los werden. Denn so sehr die beiden ihr Herz rühren, der proletarische Gestank schlägt ihr doch aufs Gemüt.
Es folgt eine längere Erklärung, wie es zu dieser Verwahrlosung der bäuerlichen Moral kommen konnte. Letzten Endes ist die Vorbesitzerin des Schlosses schuld, eine alte, willensschwache Operndiva, die sich ausnutzen ließ, von den Bauern, den Lieferanten, und vor allem von ihrem Verwalter Gaubertin. Die Diebe aus Gewohnheit sind deshalb nicht erfreut, als der General ein neues Regiment einführt. Dadurch, dass er Gaubertin mit Schimpf und Schande verjagt, schafft er sich in der ganzen Gegend Feinde. „Wer Machiavelli mit Nutzen zu lesen versteht, dem wird klar, daß die menschliche Klugheit darin besteht, niemals zu drohen, zu handeln ohne zu reden, dem Rückzug des Feindes Brücken zu bauen, nicht, wie es im Sprichwort heißt, der Schlange auf den Schwanz zu treten, und sich wie vor einer Mordtat davor hüten, die Eigenliebe eines geringeren zu verletzen.“
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