BAND 65: Der Landpfarrer, S. 51 – 100
Obwohl anfangs wegen ihrer Verschwiegenheit unbeliebt, wird Veronika durch ihren wohltätigen Einsatz für die Armen bald zum angesehensten Girl der Stadt. Das hat sie vor allem der Fürsprache verschiedener Pfarrer zu verdanken, man weiß allerdings noch nicht genau, welcher dieser Pfarrer der titelgebende ist. In Veronikas Salon verkehren nun Leute wie der junge Pariser Staatsanwalt Graf von Grandville (endlich mal wieder eine altbekannte Figur in den Szenen aus dem Landleben). Wie diese anspruchsvollen Gäste es in ihrem Haus aushalten, ist unklar, denn Graslin ist inzwischen wieder dermaßen in seinen Geiz zurückverfallen, dass er sogar Veronikas Paradiesvögel verhungern lässt, nur um das Futter nicht mehr zahlen zu müssen. Außerdem schwängert er seine Gattin, vielleicht weil Balzac sich nach achtzig Seiten umentschieden und ihr plötzlich eine unbeschreibliche Schönheit verliehen hat. Kleiner Scherz, sie wird natürlich exzessiv beschrieben, inklusive der üblichen Tizian- und Raffael-Vergleiche.
Die Handlung springt nun zu einem Kriminalfall, bei dem ein alter Geizhals und seine Magd wegen vier Töpfen voll Gold erschlagen wurden. Der Verdächtige namens Tascheron, ein junger, gebildeter Mann, schweigt zu den unwiderlegbaren Vorwürfen. Dies führt dazu, dass die ganze Stadt mit dem Prozess mitfiebert und glaubt, dass Tascheron eine Geliebte haben muss, die er deckt. Warum das die naheliegendste Annahme sein soll, versteht man nicht ganz. Es ist eben so. Jedenfalls soll Tascheron geköpft werden, Veronika will das nicht, weil die Hinrichtung genau in dem Moment stattfinden würde, in dem ihr Kind auf die Welt kommt. Wie man sieht, wird hier eifrig konstruiert. Vielleicht ist aber bezüglich Veronikas Mitgefühl noch mehr im Busch.
Der Bischof und seine Pfaffen versuchen derweil vergeblich, Tascheron zur Beichte zu bewegen, weil das ein bitter nötiger Propagandaerfolg für die Religion wäre. Sie schicken nach dem Pfarrer Bonnet, der aus der gleichen Gemeinde wie Tascheron stammt.
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