BAND 64: Der Landarzt, S. 51 – 100
Doktor Benassis ist eine Seele von Mensch, aber auch eine ziemliche Plaudertasche. Den armen Major Genestas, den er seit gerade mal einer halben Minute kennt, belegt er erstmal mit einem 40seitigen Monolog über die Entwicklungshilfe, die er dem kleinen Ort angedeihen lässt. Man fühlt sich dabei ein wenig an das Computerspiel „Civilization“ erinnert. Benassis beschreibt, wie er zuerst eine Landstraße bauen ließ, dann Korbmacher, Hufschmiede, Gerber und Bäcker ranholte, die Landwirtschaft reformierte, und so weiter. Nach fünf Jahren ist aus dem Kaff eine kleine Stadt geworden, in „Civilization“ wäre sie zudem im Industrie-Zeitalter angekommen. Endziel scheint der Sozialismus zu sein: „Es genügt nicht, ein ordentlicher Mensch zu sein, um das bescheidenste Fleckchen Erde zu kultivieren, man muß auch Kenntnisse besitzen. Und Kenntnisse, Redlichkeit und Vaterlandsliebe sind nichts ohne den eisernen Willen, mit dem ein Mensch sich von allen persönlichen Interessen lossagen muß, um sich einem sozialen Gedanken zu widmen.“
Genestas, inzwischen zum reinen Stichwortgeber degradiert, hört dem Ganzen voller Wohlwollen zu. Was ihn wirklich hergetrieben hat, ist noch unklar. Die Suche nach ärztlicher Behandlung könnte auch nur ein Vorwand sein, denn er stellt sich unter einem falschen Namen vor. Benassis schöpft keinen Verdacht, aber der ist auch mit Monologisieren beschäftigt.
Beste Stelle:
Die bäuerlich-herzliche Art, Kinder über den Tod ihrer Eltern hinwegzutrösten:
„Jacques, biete den Herren doch Stühle an. Geh, tummle dich, du wirst deinen armen Vater auch nicht wieder lebendig machen, und wenn du hundert Jahre da stehen bleibst. Und jetzt mußt du überhaupt für zwei arbeiten.“
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