Vermutlich ist der Leserschaft dieses Blogs aufgefallen, dass die Tagebucheinträge vor den Balzac-Kommentaren zuletzt seltener wurden. Das hat nur zum Teil damit zu tun, dass man nach 270 Lektüre-Tagen Ermüdungserscheinungen zeigt. Die Hauptursache liegt jedoch im Schriftstellerberuf begründet: In Zeiten erhöhter Produktivität erlebt man einfach nicht viel.
Serien und Filme mit Schriftsteller-Protagonisten blenden diese Tatsache gern aus. Man ist natürlich glühender Verehrer von „Californication“, fragt sich aber, wann bitte Hank Moody eigentlich schreibt? Am Ende von Folge 3 setzt er sich ans Drehbuch, am Anfang von Folge 4 ist es bereits fertig (und selbstverständlich genial). Der unspektakuläre Schöpfungsakt wird vollständig ausgeblendet, damit sich die Zuschauer nicht zu Tode langweilen müssen. Die Wahrheit ist aber nun mal: Schreiben erfordert viel Zeit, und ist für alle Unbeteiligten unfassbar öde.
Um den Ratgeber rechtzeitig fertig zu kriegen, setzt man sich morgens an den Rechner, schreibt bis mittags, ruht sich kurz aus, und schreibt dann weiter bis in den späten Abend. Tag für Tag, genau wie der Meister. Immerhin wurde der Abgabetermin um zwei Wochen verschoben, sodass man den Endspurt etwas entspannter angehen kann. Allerdings heißt das auch, dass der Klagebart zwei Wochen länger wachsen muss. Und man ebenso lang nicht Aufregendes erleben wird.
BAND 63: Die Königstreuen, S. 248 – 295
Marie fühlt sich nach den jüngsten Erlebnissen kraftlos und leer und hat sogar die Nerven, sich darüber zu beklagen. „Wenigstens lebst du noch!“ , möchte man ihr zurufen, „im Gegensatz zu den sechzig Soldaten, die wegen dir ins Gras gebissen haben!“ Corentin besorgt ihr als neues Hauptquartier ein Haus in Fougères, wo sie prompt von Hulot aufgesucht wird. Der schwört Rache für seine Freunde, was sie aber kaum registriert. Alles, was sie interessiert, ist ihre eigene Rache am Marquis von Montauran, weil er sie so verachtet. Rache, Rache, Rache, etwa zwanzig Seiten geht das so. Dann, als sie ihm gegenüber steht: „Und ihr Zorn wandelte sich in Mitleid, ihr Mitleid in Zärtlichkeit, und sie fühlte plötzlich, daß nicht Rachsucht allein sie hierher getrieben.“ Seufz.
Beste Stellen:
Die Kaltblütigkeit, mit der die Königstreuen einen Mann namens d’Orgemont foltern: „Den vier Chouans aber war dies etwas ebenso Alltägliches, wie der Umstand, daß ihre Hunde keine Strümpfe trugen, und so betrachteten sie den sich windenden und heulenden d’Orgemont so ungerührt, daß sie Reisenden glichen, die am Herd eines Gasthauses stehen, um aufzupassen, ob der Braten bald gar sei.“
Ein kluger Ausspruch, den man auf dem Schirm behalten sollte: „Wahrhaftig, Madame, wenn Gott uns für unsere Missetaten straft, so straft uns der Teufel für das Gute, das wir tun.“
Pingback: Die Königstreuen, Teil V | CLINT LUKAS
Pingback: Die Königstreuen, Teil VII | CLINT LUKAS