Die Kleinbürger, Teil V

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Es ist einfach nicht fair. Man hat sich gerade aus dem Balzac-Tief herausgearbeitet, was zum Teil an der eigenen Willenskraft lag, aber auch an dem fabelhaften Roman Kehrseite der Geschichte unserer Zeit. Dann stößt man auf Die Kleinbürger. Das Buch hat eine ähnliche Struktur wie Verlorene Illusionen, nur dass es da um einen Dichter ging, der am Literaturbetrieb scheitert. Damit konnte man sich identifizieren, es war beruhigend zu sehen, dass es vor zweihundert Jahren nicht anders zuging als heute.
In Die Kleinbürger hat man nun einen Protagonisten, der ebenso unsympathisch ist wie Lucien de Rubempré, dessen Ziele einen darüber hinaus aber kein bisschen interessieren. Durch Intrigen und faule Tricks will er ein Vermögen erwerben, was soll daran unterhaltsam sein? Genauso gut könnte man die Moneymaker-Anleitung irgendeines Immobilien-Haies lesen.
Man sitzt im Zug nach Rostock, um die Tochter von der Schule abzuholen. Seit fast zwei Monaten war sie nicht mehr in Berlin, man ist aufgeregt, wie vor einem sehr wichtigen Termin. Es gilt ein gemeinsames Fotoshooting für das Cover des COOL TROTZ KIND – Ratgebers zu absolvieren, danach kann man gemütlich die Stunden bis Sonntagmittag verbummeln. Eigentlich eine wundervolle Situation. Wenn nur Die Kleinbürger nicht wären.

BAND 52: Die Kleinbürger, S. 201 – 250

Um sich bei den Thuilliers einzuschleimen (und dadurch Hoffnung auf die Hand der reichen Celeste haben zu können), beschafft Theodosius ihnen ein riesiges Wohnhaus für wenig Geld. Dafür verscherzt er es sich aber mit seinen Kumpanen Cérizet und Dutocq.
Celeste will derweil gar nicht Theodosius, sondern den aufrechten Felix Phellion heiraten. Wenn da nur nicht die unterschiedlichen Ansichten über die Religion wären. Sie ist nämlich eine vollendete Frömmlerin, während Felix ein eher entspanntes Verhältnis zur Kirche hat. Als Theodosius Wind kriegt von diesem Konflikt, spielt er sich als enthusiastischer Christ auf und erhöht damit gleich wieder seine Chancen. Angeblich ein Beweis für die Wetterwendigkeit der Frauen: „Diese Denkungsart hat zur Folge, daß echte Brillanten achtlos von jungen Mädchen fortgeworfen werden, die nachher als Frauen Straßdiamanten anbeten.“

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2 Gedanken zu “Die Kleinbürger, Teil V

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