Glanz und Elend der Kurtisanen, Teil XII

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BAND 48: Glanz und Elend der Kurtisanen, S. 497 – 567

Ein Abschiedsbrief von Esther taucht auf, der ihren Selbstmord beweist. Damit sind Lucien und Carlos eigentlich entlastet, aber Camusot ist so neugierig, dass er den Dichter trotzdem noch verhören will. Obwohl ihn alle ausdrücklich davor warnen: „ (…) glauben sie mir, ich kenne Lucien: er hat die Seele einer Frau, eines Dichters und eines Südländers, ohne Widerstandskraft und Lebensstärke (…) geben Sie ihm die Freiheit wieder! Wenn Sie anders handeln, werden Sie darüber verzweifelt sein;“
Es kommt, wie es kommen muss. Camusot stellt dem vorgeladenen Lucien nur ein paar harmlose Fragen, doch die reichen schon aus, dass dieser komplett einknickt und Todtäuschers wahre Identität enthüllt. „Da wo Jacques Collin durch seine Kühnheit alles gerettet hatte, hatte er, Lucien, der Geistesmensch durch seinen Mangel an Intelligenz und Überlegung alles zerstört.“ Man hat es eigentlich auch nicht anders erwartet. Man kennt Lucien schließlich inzwischen auch schon seit etwa 1.500 Seiten und bisher hat er Mist gebaut, wo er nur konnte.

Erst nachdem der Unglückliche zurück in seine Zelle geführt wird, taucht die Gräfin Sérizy auf, um ihm zu helfen. Sie verbrennt kurzerhand das Verhörprotokoll. Es gibt ein Handgemenge, Camusot kriegt seinen verdienten Anschiss, doch leider zu spät. Lucien schreibt in seiner Zelle sein Testament, verfügt unter anderem, dass Nucingen sein Geld zurück bekommt und ein Fond für verarmte Prostituierte eingerichtet wird.
Es ist das erste Mal seit langem, dass dieser angebliche Dichter mal wieder was schreibt. Und auch das letzte Mal. Danach erhängt er sich mit seiner Krawatte am Fensterkreuz. Die hinzueilende Gräfin Sérizy droht vollkommen auszurasten, niemand kann sie beruhigen, bis sich ein pragmatischer Wachmann findet: „O Verzeihung, Herr … Sie wird bestimmt beim Anblick des jungen Mannes ohnmächtig werden, und während ihrer Ohnmacht wird man sie dann in einem Wagen fortbringen können.“
Man muss eben auch in Extremsituationen die Nerven behalten.

Beste Stelle:

Wenn Camusots Vorgesetzter ihm auf seine Art zu verstehen gibt, dass er sich mit seiner Prinzipienreiterei die Zukunft versaut hat: „,Nun ist alles getan, und die Gerechtigkeit kann ihren Lauf nehmen… Sie haben damit den Beweis einer allzugroßen Geschicklichkeit abgelegt, als daß man jemals auf einen Untersuchungsrichter, wie Sie es sind, verzichten wird…‘
Hätte Herr von Granville zu Camusot gesagt: ,Sie werden Ihr ganzes Leben lang Untersuchungsrichter bleiben!‘ er hätte sich nicht klarer damit ausdrücken können, als in diesem Komplimente.“

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2 Gedanken zu “Glanz und Elend der Kurtisanen, Teil XII

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