Zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen ist man auf dem Weg in die Eiffel, diesmal jedoch zum Nürburgring. Am Wochenende finden dort Autorennen der GT3-Serie statt und man darf die Fahrer und Techniker eines der Rennställe als Caterer bekochen. Abfahrt mit dem Sprinter in Berlin Mitte um 4 Uhr früh, kurzer Halt in Rüdersdorf, um einen Kühlhänger anzukuppeln.
Nach zwei Kilometern auf der Autobahn, bei der ersten Dose RedBull, fällt einem das merkwürdige Fahrverhalten des Sprinters auf. Hupende LKW machen einen dann darauf aufmerksam: Die Handbremse am Hänger ist noch gezogen, ein Reifen hat sich bereits von der Felge geschält. Geruch nach verbranntem Gummi. Der gerufene ADAC sagt, dass es dauern kann, ob man was zum Lesen dabei hat. Hat man natürlich.
BAND 48: Glanz und Elend der Kurtisanen, S. 344 – 396
Esther sieht Lucien im Theater und merkt an seiner Blässe, dass irgendwas vorgefallen sein muss. Sie sorgt sich und lässt ihre schlechte Laune an Nucingen aus: „Natürlich höre ich Ihnen nicht zu, Sie sitzen da, rascheln mit meinem Kleid wie ein Maikäfer in einer Tüte (…) An der Art, wie ich Sie seufzen sehe (…), merke ich, daß Sie riesig gegessen haben und daß Sie jetzt zu verdauen anfangen. (…) sagen Sie nur Ihrem Georges, er solle Ihnen den Kopf recht hoch und die Beine recht tief legen, denn Sie sehen mir heute ganz nach einem Schlaganfall aus.“
Schließlich befiehlt sie ihm, dass er Lucien zu ihr in die Loge holen soll, woraufhin sie erfährt, dass der nicht mehr bei den Grandlieus vorgelassen wird. Corentin hat ihnen einen anonymen Brief geschrieben, in dem er sie warnt, dass Luciens Vermögen aus unlauteren Quellen stammt, die Hochzeit mit Clotilde droht abgeblasen zu werden. All das weiß Lucien natürlich noch nicht, er wurde nur nicht ins Haus gelassen: „Große Katastrophen bei Hofe, der Sturz eines gefürchteten Günstlings, werden oftmals, wie hier, nur durch das abweisende Wort eines Dieners mit versteinertem Gesicht an einer Türschwelle offenbar.“
Es ist der Supergau und kein Todtäuscher in der Nähe, um zu helfen. Der kümmert sich anscheinend gerade um andere Dinge. Lucien und Esther locken den als Engländer verkleideten Peyrade zu einer Party in ihr Palais. Als der um sechs Uhr früh vollkommen besoffen ist, wird er in ein Zimmer verschleppt und davon in Kenntnis gesetzt, dass seine geheiligte, junge Tochter Lydia entführt worden ist. Sollte er sich nicht umgehend darum kümmern, dass Lucien wieder bei den Grandlieus empfangen wird, soll Lydia geschändet werden: „Wenn du dich beklagst oder irgend etwas unternimmst, so wird eben jetzt schon mit dem begonnen werden, was deiner Tochter erst für den äußersten Fall zugedacht war.“
Es ist der bisher drastischste Moment der Menschlichen Komödie, aber macht auch deutlich, dass man sich mit dem Todtäuscher nicht anlegen sollte. Was müssen diese doofen Bullen sich auch überall einmischen? Dummerweise erreicht Peyrade seinen Kumpel Corentin nicht mehr, der ist nämlich bereits auf dem Weg in Luciens Heimatstadt, wo er auch erfolgreich den Beweis dafür findet, dass Luciens Schwester ihm nicht die Millionen geliehen hat. Todtäuschers Plan droht zu scheitern.
Beste Stelle:
Wenn Frau du Val-Noble sich über ihren englischen Sugardaddy beschwert: „Mein Leben lang will ich mich nicht mehr damit befassen, einen Engländer glücklich zu machen. Sie sind alle miteinander eiskalte Egoisten, verkleidete Schweine (…) Weißt du, die Liebe ist für ihn, weiß Gott, dasselbe wie das Rasieren. Er wischt sein Rasiermesser ab, steckt es in das Etui zurück, schaut sich in den Spiegel und sieht drein, als ob er sagen wollte: ,Ich habe mich nicht geschnitten.’“
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