BAND 48: Glanz und Elend der Kurtisanen, S. 145 – 189
Um Esther zu finden, engagiert der Baron Nucingen die drei gefährlichsten Spione der Stadt.
- Den 66jährigen Spitzel Contenson: „Er hätte einem Entsetzen einflößen können, wenn man ihn nicht hätte so lächerlich finden müssen.“
- Dessen Vorgesetzten Corentin, der gleichzeitig ein hohes Tier bei der Geheimpolizei ist.
- Dessen Lehrmeister Peyrade, der im Kaiserreich ein hohes Tier war, inzwischen aber in Ungnade gefallen ist. Er geht auf die siebzig zu und ist genau wie Corentin ein Meister der Verkleidung.
Drei würdige Gegner für den Todtäuscher, möchte man meinen. Sollten sie Esther vor ihm finden, würde nichts aus dem Plan werden, sie teuer an den Baron zu verkaufen. Es geht also um alles in diesem Spiel. Glücklicherweise offenbart Balzac auch gleich eine Schwachstelle des Meisterspions: „Zu seinem Unglücke hatte sich Peyrade in ein hübsches kleines Mädchen, ein Kind, verliebt, von dem er mit Sicherheit wußte, daß es sein eigenes war.“
Sie heißt Lydia, ist bereits volljährig, und wird von ihm in seiner bunkerartigen Wohnung gehütet wie sein Augapfel. Peyrades einziger Wunsch ist es, sie glücklich zu verheiraten und seinen Lebensabend damit zuzubringen, diesem Glück beizuwohnen. Dass sie bereits – wie alle anderen Frauen auch – in Lucien verliebt ist, wischt er ärgerlich beiseite: „Kind, bei den Männern ist Schönheit nicht immer ein Zeichen von Güte. Die jungen Leute, die ein angenehmes Äußeres haben, begegnen bei ihrem Eintritte in das Leben keinerlei Schwierigkeiten, daher entwickeln sie auch kein Talent! Sie werden durch das Entgegenkommen der Gesellschaft verdorben, später dann müssen sie mit Zins und Zinseszins für ihre Vorzüge zahlen.“
Dass Lucien wirklich ein undankbarer Kretin ist, hat man bereits zur Genüge erfahren dürfen. Gerade noch so unglaublich in Esther verliebt, fürchtet er schon, dass Nucingen lieber seine neue Engländerin haben möchte. Bevor es soweit kommt, schiebt er deshalb mit ihr noch ein paar Nummern im Schlafzimmer. Irgendwoher muss er ja die Kraft für seine moralischen Tiraden hernehmen, der Gute.
Beste Stelle:
Contensons sympathische Selbsteinschätzung: „Ich habe große Talente, aber sie sind zu nichts gut, ebensogut könnte ich ein Idiot sein!“
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