Glanz und Elend der Kurtisanen, Teil III

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BAND 48: Glanz und Elend der Kurtisanen, S. 95 – 144

Vier Jahre lang sehen Lucien und Esther sich nur in ihrer geheimen Wohnung. Zum Beischlaf. Die beiden Werke des Dichters, für die er sich in Verlorene Illusionen so aufgerieben hat, sind inzwischen erfolgreich verlegt, aber das interessiert ihn nicht mehr. Ihm geht es nur noch um seinen gesellschaftlichen Aufstieg. Freilich ist er noch immer der gleiche ungeschickte Tölpel wie früher und verscherzt es sich direkt mit der gefährlichen Marquise d’Espard.
Der Plan seines Meisters, des scheinbar allmächtigen Todtäuschers, sieht vor, dass er die älteste Tochter des Herzogs von Grandlieu heiratet, die hässliche Clotilde-Frédérique. Die ist natürlich längst in den goldgelockten Schönling verliebt, allerdings verlangt ihre Familie, dass er eine Million Francs auftreibt. Während sich seine selbstgeschaffenen Feinde sowieso schon alle fragen, woher er sein Geld hat.

Esther fährt derweil nachts zum Spazieren in den Wald. Das darf sie, allerdings nur von zehn bis ein Uhr. Durch Zufall entdeckt sie der Baron Nucingen auf einer ihrer Ausfahrten und verliebt sich zum ersten Mal in seinem Leben: „Der alte Bankier war furchtbar erregt, feurig durchströmte ihn das Blut von den Füßen bis zum Kopfe und trug vom Kopfe Flammen in sein Herz. Die Brust preßte sich ihm zusammen. Der Unglückliche fürchtete eine Störung seiner Verdauung“.
Er ist so besessen von ihr, dass er die Polizei nach ihr suchen lässt und pausenlos von ihr redet. Der selbstverliebte Lucien kann sich ein Grinsen natürlich nicht verkneifen, als er einer dieser Litaneien beiwohnt, und liefert damit den ersten Hinweis, wo Esther zu suchen ist.

Was zuerst bedrohlich wirkt, spielt dem abgebrühten Carlos Herrera alias Todtäuscher in die Hände. Denn was liegt näher, als dem gestopften Baron die hübsche Esther zu verkaufen, um an die benötigte Million zu kommen? Lucien zickt ein wenig herum, wird jedoch sofort zurecht gewiesen: „Wie viele Generäle sind nicht in der Blüte ihrer Jahre für den Kaiser Napoleon gestorben? (…) Frauen findet man immer wieder. Im Jahre 1821 hatte für dich Coralie nicht ihresgleichen, nichtsdestoweniger ist dann Esther gekommen. Und nach dieser Dirne kommt dann, weißt du wer? Die Unbekannte! Die schönste aller Frauen!“
Es wird auch höchste Zeit für die Geldbeschaffung, denn um Luciens Luxusbedürfnis zu befriedigen, hat Herrera sogar das Geld ausgegeben, das er für die Mafia verwaltet. Er schickt Esther für seine Pläne in ein geheimes Haus, liefert seinem verwöhnten Schützling dafür aber eine hübsche Engländerin. Lucien, gerade noch so pikiert in seinem romantischen Wahn, nudelt sie erstmal ordentlich durch.

Beste Stelle:

Die Tochter einer Herzogin ist niemals häßlich, besonders aber nicht, wenn sie einem den Marquistitel und einen Gesandtenposten mitbringt.“

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2 Gedanken zu “Glanz und Elend der Kurtisanen, Teil III

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