Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang, Teil II

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Eisenach, Wartburg, Hotelterrasse. Bei einem bescheidenen Fläschchen Taittinger Rosé, mit Blick über Wälder und Windräder, diskutiert man über die Selbstgerechtigkeit der Grünen. Näher wird man der Reaktion wohl nicht mehr kommen. Es ist heiß, ein Kolibri-artiges Geschöpf schlürft Nektar aus den Blumenkästen, die Google-Recherche ergibt: ein Taubenschwänzchen, neuerdings auch heimisch bei „uns“.

BAND 47: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang, S. 51 – 100

Cäsar ist ein bisschen dumm, wofür er aber nichts kann, weil er als armer Junge vom Land nicht viel Bildung mitgekriegt hat. In Paris ändert sich daran auch nichts mehr, weil er nur mit engstirnigen Spießern herumhängt. Vor ein paar Jahren hat er Ferdinand du Tillet als Ladenschwengel beschäftigt und ihn sich zum Feind gemacht. Man kennt diesen bereits aus Eine Evatochter, wo er längst reich und mächtig ist, weiß auch, dass er zusammen mit Baron Nucingen etliche Familien ruinieren wird.
Im Moment ist jedoch nur Cäsar sein auserwähltes Opfer. Der ahnt davon nichts, obwohl man du Tillet den Schurken auf hundert Meter Entfernung ansieht: „aber seine spitze Nase, seine leicht gewölbte Stirn verrieten einen Fehler der Rasse. Sein Haar endlich, das wie schwarz gefärbt erschien, wies auf ein Bastardgeschöpf hin“. Das ganze Grundstücksgeschäft ist offenbar nur ein Trick, um den naiven Parfumhändler zu ruinieren. Und der, durch die unverhoffte Verleihung seines Kreuzes der Ehrenlegion vollends gespoiled, rennt ins offene Messer: „Cäsar Birotteau, der hätte fühlen müssen, daß er den Höhepunkt seines Glücks erreicht habe, betrachtete diesen Ruhepunkt nur wie ein neues Sprungbrett.“

Beste Figur:

Der Notar und Lustgreis Roguin, ebenfalls am Coup gegen Birotteau beteiligt: „Wenn ein Mann in den Schlamm geschlechtlicher Exzesse taucht, wird man fast immer etwas von diesem Schlamm an irgendeiner Stelle seines Antlitzes finden; (…) An Stelle des reinen Glanzes, der unter der Haut enthaltsamer Männer hervorleuchtet und eine blühende Gesundheit anzeigt, verriet sich bei diesem das unreine, von Gelüsten, gegen die der Körper sich wehrt, aufgepeitschte Blut.“

Beste Stellen:

Cäsars Ansichten über das kreative Gewerbe. Er ist sich sicher, die „Schriftsteller und Künstler stürben im Hospital infolge ihrer Absonderlichkeiten; sie seien übrigens alle Atheisten und man müsse sich sehr hüten, sie bei sich zu empfangen.“

Die schamhaftesten Bourgeois haben, wenn sie ohne Frauen zusammen sind, das Bestreben, als Spaßvögel zu erscheinen.“

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2 Gedanken zu “Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang, Teil II

  1. Pingback: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang, Teil III | CLINT LUKAS

  2. Pingback: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang, Teil I | CLINT LUKAS

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