Das Antiquitätenkabinett, Teil III

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BAND 34: Das Antiquitätenkabinett, S. 101 – 150

Diane de Maufrigneuse merkt, dass ihr die Felle davon schwimmen. Als echte Lady betrachtet sie deshalb ganz nüchtern ihre Möglichkeiten. Sie könnte entweder fliehen, den König um Schuldenerlass bitten, oder sich einen neuen, reichen Lover nehmen. Victurnien kommt in diesen Plänen schon nicht mehr vor: „Wie ein Naturforscher einen prächtigen Schmetterling nimmt und mit einer Nadel aufspießt, so hatte Frau von Maufrigneuse ihre Liebe aus ihrem Herzen gerissen, um an die Notwendigkeit des Augenblicks zu denken;“
Was bei einer Marquise d‘Espard oder Nathalie de Manerville höchst unsympathisch wäre, sieht man der lieben Diane gerne nach, sie ist einfach das coolste Girl der Comédie humaine. Natürlich ahnt Victurnien nichts von ihren Berechnungen. Um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, legt er ihn auf den Hackblock: Er fälscht einen Brief du Bousquiers, und holt sich damit 300.000 Francs von der Bank. Darauf hat der rachsüchtige Provinzler natürlich nur gewartet und strengt einen entwürdigenden Prozess gegen den Adelssprössling an.

Nun findet ein Perspektivwechsel statt, plötzlich ist der Familiennotar Chesnel die Hauptfigur. Man wird Zeuge seiner Bemühungen, das Unheil noch irgendwie von Victurnien abzuwenden: „Er war in Verzweiflung wie einer, der sein Haus brennen sieht und durch ein Fenster mitansehen muß, wie seiner Kinder Wiege brennt und ihr Haar zischend verzehrt wird.“
Er setzt Himmel und Hölle in Bewegung und findet dabei originelle Verbündete:
Diane de Maufrigneuse, die zuerst von Victurniens Hysterie abgeturnt war, nun aber gerührt ist, weil er für sie ein Verbrechen begangen hat.
Die alte Jungfer aus dem letzten Band, Rose du Bousquier, die noch immer Respekt vor dem Hochadel hat und deshalb bereit ist, ihren Mann zu hintergehen.
Den Untersuchungsrichter Camusot, der nicht gerade das schärfste Messer im Kasten ist, dafür aber eine ehrgeizige Gattin hat, die sich gern mit den Aristos gut stellen will.

Beste Figur:

Herzogin Diane de Maufrigneuse, geborene d‘Uxelles, Fürstin von Cadignan, laut Schaubild die Figur mit den weitesten, werkübergreifenden Verstrickungen. Man darf also hoffen, ihr noch oft zu begegnen.

Beste Stelle:

Das schöne, von tiefer Wahrheit durchdrungene Plädoyer gegen die Bourgeoisie, „die mit ihren kleinen Leidenschaften die großen Interessen des Landes nicht mehr erkennen läßt, die heute für und morgen gegen die Regierung ist, die alles aufs Spiel setzt und nichts rettet, die über das Üble, das sie angerichtet hat, verzweifelt ist und es doch immer wieder erzeugt, die ihre Kleinlichkeit nicht erkennen will und die Regierung schikaniert, deren gehorsame Dienerin sie sich doch nennt. Diese Bourgeoisie, die gleichzeitig demütig und anmaßend ist, fordert vom Volke eine Unterwerfung, die sie dem Königtum nicht gewährt, sie beunruhigt sich wegen jeder Überlegenheit, die sie auf ihr Niveau herabziehen will, als ob die Größe klein sein könnte (…)“

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2 Gedanken zu “Das Antiquitätenkabinett, Teil III

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