BAND 33: Die alte Jungfer, S. 93 – 143
Auf einer großen Party im Hause Cormon erfährt man, wie die Chancen der drei Nebenbuhler stehen. Der Jüngling Athanasius verbockt es sofort, weil er, statt Sehnsüchte im alten Mädel zu wecken, nur auf ihren Busen glotzt, „der zwei Regimentspauken glich“. Der Name des Ritters von Valois klingt zwar angenehm in ihren Ohren, allerdings ist er ihr zu wenig Wüstling. Du Bousquier wird derweil vom allgemeinen Gossip als Unmensch verunglimpft, was bei Rose jedoch verdächtig wenig Empörung hervorruft.
Schließlich kommt der Hauptangriff aus einer ganz anderen Richtung, als sich der Vicomte de Troisville als Besucher ankündigt. Die alte Jungfer gerät völlig aus dem Häuschen, zweifelt sofort an der eigenen Eleganz: „Wenn diese altertümlichen Sachen einen Schein des Alters auf sie selbst würfen? Diese Frage, die sie sich selbst stellte, erregten ihr eine Gänsehaut.“
Die Begegnung lässt sich jedoch gut an, der Vicomte ist ein 46jähriger Traummann mit dem herkulischen Äußeren du Bousquiers und den vollendeten Umgangsformen des Chevaliers. Rose tut, was sie am besten kann, „sie ließ ihn nicht aus den Augen; wandte er den Kopf, so legte sie ihm geschickt noch von der Speise auf, die ihm zu schmecken schien. Am liebsten hätte sie ihn zu Tode gefüttert.“ Erst auf dem Höhepunkt ihrer Begeisterung muss die Ärmste erfahren, dass er bereits verheiratet ist und vier Kinder hat. Sie fällt ihn Ohnmacht, du Bousquier trägt sie ins Bett.
Um dem Stadtgespött zu entgehen, will sie nun so schnell wie möglich einen der Nebenbuhler heiraten, was diesen natürlich klar ist. Es folgt eine Balzac’sche Defintion des Timings, denn während du Bousquier sofort zu ihr eilt, verschwendet der Chevalier wertvolle Zeit damit, Rouge aufzulegen: „Solche Kleinigkeiten entscheiden das Geschick der Einzelwesen und der Staaten. Der Sturmangriff Kellermanns bei Marengo, die Ankunft Blüchers bei Waterloo, die Abneigung Ludwigs XIV. gegen Prinz Eugen – alle diese großen Ursachen von Glück und Unglück verzeichnet die Geschichte; aber niemand zieht daraus die Lehre, in den kleinen Angelegenheiten seines Lebens nichts zu versäumen. (…) Nachdem sie hin und her überlegt hatte, und ihre Überlegung zugunsten des Ritters gesprochen hatte, sagte sich die alte Jungfer, als sie du Bousquier sah: ,Gott will es.’“
Beste Stelle:
Eine Tischsitte, die man sich aneignen sollte: „Der Vicomte besaß eine viel zu gute Lebensart, um von der Vorzüglichkeit des Diners zu sprechen; aber sein Schweigen war ein Lob. (…) Der wahrhafte Kenner äußert seinen Beifall nicht laut, er genießt.
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