Endlich geschafft. Es dürfte an der Lesefrequenz bemerkt worden sein, dass die Lektüre von Béatrix ziemlich schwer fiel. Abgesehen von einigen Geistesblitzen wirkt das Buch so, als hätte Balzac den Werther auf die dreifache Länge gedehnt. Vielleicht ist dieses Urteil aber auch ungerecht und dem Umstand geschuldet, dass man sich auf die ganze Comédie bezogen in der quarterlife-crisis befindet. Nun folgt nur noch der kurze Band Honorine, dann ist der erste Grundpfeiler der Balzac-Kathedrale fertig kartographiert.
Große Neugier, ob das Thema der ersten Liebe damit wirklich abgehakt ist. Man erinnert sich an Balzacs Einordnung der Szenen: „Die Szenen aus dem Privatleben stellen die Kindheit, die Jugend mit ihren Verfehlungen dar, wie die Szenen aus dem Provinzleben das Alter der Leidenschaft, des Kalküls, der Interessen und des Ehrgeizes.“ Vielleicht könnte man ein Trinkspiel machen und bei jeder spontanen Selbstentzündung eines Protagonistenherzens einen Eierlikör stürzen. Auf die Art kriegt jeder, was er verdient.
BAND 26: Beatrix, S. 434 – 478
Um es kurz zu machen und den Fall schließen zu können: Maxime de Trailles und sein Homunkulus Charles-Edouard Graf Rusticoli de la Palférine bringen Béatrix wieder mit ihrem Ehemann zusammen und trennen sie damit von Calyste, der geläutert zu Sabine de Grandlieu zurückkehrt. Über die Protagonistin wird abschließend geurteilt: „Sie ist das Muster eines eitlen, energielosen und aus armseliger Ruhmsucht koketten Weibes. Sie ist eine Frau d‘Espard, doch ohne deren tiefgründige Verschlagenheit – eine Frau ohne Herz und Hirn, die auch im Bösen unbesonnen ist. Sie liebt nur sich selbst, sonst niemanden. (…) Mit einem Worte, sie ist gleich unvollkommen im Laster wie in der Tugend.“
Beste Stelle:
Die Beschreibung des Wappens von Fabien du Ronceret, langsam kommt man dahinter, wie Heraldik funktioniert:
„,Oho, er hat ein Wappen!‘ widersprach sie und holte aus einem in der Kaminnische hängenden Körbchen einen Brief hervor. ,Was bedeutet das? Es sind wohl Kämme?‘
,Laß sehen! – Ein silbernes Feld mit drei roten Kämmen, dazwischen drei Weintrauben mit purpurnen Stengeln und grünen Blättern, ferner ein blaues Feld mit vier goldenen Federn, endlich die Devise: ,Dienen‘ und den Helm des Schildknappen… Das ist nichts Besonderes! Die Familie wurde unter Ludwig dem Fünfzehnten geadelt. Irgendein Großvater war Krämer, die mütterliche Linie kam durch den Weinbau zu Wohlstand, und der Ronceret, der geadelt wurde, dürfte Gerichtsschreiber gewesen sein… (…)“
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