Beatrix, Teil VIII

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BAND 27: Beatrix, S. 260 – 310

Das ulkige Dreiergespann macht einen Ausflug zur Steilküste. Während Calyste sich quengelnd an Béatrixens Rockzipfel hängt, schleicht ihnen die einst so stolze Camille wie ein Tierchen hinterher: „Sie verschwand in den Grotten, tauchte dann wieder auf steilen Gipfeln auf, verscheuchte die Krabben aus ihren Löchern oder beobachtete sie bei ihren originellen Sitten.“
Beim folgenden Dialog fragt man sich, wie oft man noch Calystes weinerliche Beteuerungen lesen muss, doch plötzlich bricht sein bretonischer Stolz aus ihm heraus: „,Dann sollst du niemandem angehören!‘ rief er aus und stieß sie bei diesen Worten in sinnloser Wut vom Gipfel herab. Er wollte ihren Sturz hören und sich hernach selbst herabstürzen.“
Glücklicherweise, bzw. unglücklicherweise, je nachdem, wie man mit der Handlung mitfiebert, bleibt Béatrix in einer Buchsbaumhecke hängen und kann gerettet werden. Von Calyste gerettet werden, um genauer zu sein, der ihr vorher noch einen Kuss raubt. Denn wie einem der Meister erklärt, muss man bei störrischen Weibsbildern manchmal einfach ein bisschen grob werden: „Bei Frauen, die kalt, schwach, schroff und unbedeutend sind wie die Marquise und deren knochiger Halsansatz ihnen eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Katzengeschlecht verleiht – bei solchen Frauen hat auch die Seele die blasse Färbung grünlich-grauer Katzenaugen, und um diese Steine zu schmelzen, zu verglasen, bedarf es der Gewalt eines Blitzes. Für Béatrix war Calystens Wahnsinnstat dieser Blitzstrahl, dem nichts widersteht und der die ungebärdigsten Naturen verwandelt. Die Marquise fühlte sich innerlich geschlagen;“

Eine steile These, die auch heute sicherlich von so manch selbsternanntem pickup artist unterschrieben werden könnte. Nicht mal die feministische Camille, die Zeugin des versuchten Totschlages ist, schimpft mit Calyste, sondern beschwert sich nur, dass er sie selbst aus mangelnder Leidenschaft niemals hinabgestoßen hätte.
Béatrix freundet sich jedenfalls endlich mit dem Gedanken an eine Liebschaft mit dem Jüngling an. Was natürlich nur bedeutet, dass sie erst recht ihre Spielchen mit ihm treibt. Sie erinnert ihn an seinen Brief, in dem er geschworen hat, dass er keine Gegenliebe von ihr fordert. „Dieses Grundsatzes bediente sie sich, um seine Leidenschaft auf die ehrfürchtige Vergötterung einzuengen, die ihr behagte.“ Was soviel heißt, wie: Keine Liebe, kein Sex, dafür ausgedehnte Spaziergänge, edle Schwüre und zarte, auf die Stirn gehauchte Küsschen. Calyste scheint das zu reichen.
Allerdings taucht Gennaro Conti plötzlich wieder auf, Béatrix‘ eigentlicher Lover. Und weil seine neue Oper durchgefallen ist, will er nun wenigstens seine Macht über die Frau beweisen. Zwar gibt Camille dem Jüngling die nötigen Ratschläge, wie er einem Unglück vorbeugen kann, doch machen wir’s kurz: Calyste verbockt es mal wieder. Als er am nächsten Morgen in Les Touches erscheint, ist Béatrix mit Conti abgereist.
Bleiben nur noch Liebeskummer und eine Essstörung. Calyste magert dermaßen ab, dass sein Vater, der alte Baron du Guénic, vor Gram stirbt. Immerhin kann er seinem Sohn noch den Schwur entlocken, weiter für seine Liebe zu kämpfen, womit Balzac nochmal Leben in den Kadaver der verbliebenen 150 Seiten pumpt. Und weiter im Text.

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2 Gedanken zu “Beatrix, Teil VIII

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